Perspektivwechsel mit Michael Bartl

Selbstverständnis hat weite Teile der Industrie blind gemacht

12. Oktober 2020


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„Selbstverständnis hat weite Teile der Industrie blind gemacht.“

Daniel Rexhausen spricht mit Michael Bartl, Geschäftsführer der SCHUNK Consulting GmbH und der robodev GmbH:

Daniel Rexhausen: Hallo Herr Bartl. Wir interessieren uns natürlich immer für interessante Unternehmer mit dem Schwerpunkt Maschinen- und Anlagenbau. Erzählen Sie uns doch wo Sie herkommen und was Sie heute machen.

Michael Bartl: Eigentlich habe ich mich früher nie für den Maschinenbau interessiert, durfte aber dann während des Studiums Henrik Schunk kennenlernen. Die Firma SCHUNK ist Kompetenzführer für Spanntechnik und Greifsysteme – wenn zerspannt oder automatisiert wird, ist eigentlich immer mindestens eine Komponenten von SCHUNK im Einsatz. Henrik kam irgendwann mit einer Idee auf mich zu. Diese bezog sich darauf, Prozessthemen bei schnell wachsenden Unternehmen so zu standardisieren und in Lernprozesse zu überführen, dass sie sich dauerhaft immer wieder erneuern und verbessern können. Dazu haben wir die Firma SCHUNK Consulting gegründet und seit 2007 sind wir verstärkt im Maschinenbau sowie der Robotik unterwegs, um genau solche Konzepte umzusetzen.

 

Daniel Rexhausen: Die Automobilindustrie hat aber auch die Erfahrung gemacht, es am Ende doch immer irgendwie zu schaffen – wenn nötig mit Macht. Ist das auch diesmal so?

Michael Bartl: Ich habe da meine Zweifel. Vor allem weil es heute ja nicht mehr nur darum geht ein Auto zu bauen. Die Nutzung eines Autos ist nicht mehr darauf beschränkt von A nach B zu kommen, sondern auch mit Entertainment die Zeit dazwischen zu füllen – was durch autonomes Fahren noch viel wichtiger wird. Deswegen glaube ich, dass die Transformation mehr ausmachen wird, als einen besonders schadstoffarmen Verbrennungsmotor zu bauen.

 

Daniel Rexhausen: Kann man sagen, die Arroganz ist unangebracht?

Michael Bartl: Aus dem Bauch heraus, ja. Auf der anderen Seite hat dieses Selbstverständnis von Qualität, Größe und Markenbewusstsein die Automobilbauer erst dahin gebracht, wo sie viele Jahrzehnte waren. Es wird auch weiterhin einen Markt für die großen Automobilisten aus Deutschland geben, die Frage ist nur wie schnell schaffen sie es, die nötige Transformation durchzuführen und sich als Marke neu zu positionieren, um sich auf das einzustellen, was der Markt der Zukunft verlangt. Ob das mit Demut schneller oder besser gelingt, kann ich nicht sagen – habe aber so ein Gefühl (lacht).

 

Daniel Rexhausen: Früher wurde gesagt, „Wenn die Automobilindustrie hustet, liegt Deutschland mit Grippe im Bett“. Ist das noch so?

Michael Bartl: Ja, weil natürlich ein ganzes Zulieferernetz auf das Wachstum der Automobilisten baut. Angesichts der letzten Krisen haben zwar bereits viele Unternehmen aus dem second und third tier Bereich andere Anwendungsbereiche für Ihre Technologien und Produkte gesucht, doch am Ende bleibt der Einfluss auf Beschäftigungszahlen und damit auf den Wohlstand in Deutschland immer noch sehr groß.

 

Daniel Rexhausen: Früher waren es in erster Linie die Kleineren, also third tiers und aufwärts – mittlerweile trifft es aber auch mal die Großen. Eigentlich war es doch schon seit ein paar Jahren klar, dass die alten Geschäftsmodelle funktionieren. Wurde das verschlafen?

Michael Bartl: Ich glaube, auch hier kommt wieder das Thema Demut zum Tragen. Das Selbstverständnis hat sicherlich weite Teile der Industrie ein bisschen blind gemacht. Leider müssen wir heute konstatieren, dass die Elektromobilität nicht in Deutschland stattfindet. Das spaltet das Dogma, dass Fortschritte im Automobilsektor immer von Deutschland ausgehen und die Folgen daraus sind noch nicht absehbar.   

 

Daniel Rexhausen: Wie Sie schon sagten, startete die Krise in der Industrie bereits 2018 – die Pandemie fungiert nun als zusätzlicher Brandbeschleuniger. Was würden Sie Unternehmen raten, die in dieser Situation noch immer extrem abhängig von Verbrennungstechnologie sind?

Michael Bartl: Es gibt sicherlich kein Patentrezept. Diese Unternehmen sollten hart mit sich ins Gericht gehen bei der Entscheidung, welche Kernkompetenzen sich auf andere Anwendungsfelder transformieren lassen. Das hört sich leichter an als es am Ende ist, weil sich so viel Wissen und Erfahrung rund um die Automobilindustrie angesammelt hat. Aber wenn du mit dem Rücken zur Wand stehst, musst du dich zwingen so eine Selbstreflexion vorzunehmen und neue Geschäftsfelder zu finden. Im Anschluss hat es viel mit Marketing und Vertrieb zu tun und auf einem solchen Weg sind Unternehmen wie die DIMARCON sicherlich ein hilfreicher Treiber. Bloßes Daumendrücken führt jedenfalls nicht zum Erfolg. 

 

Daniel Rexhausen: Wie steht Schunk heute in Bezug auf die Wandlung der Industrielandschaft da und wie sind Sie dahin gekommen?

Michael Bartl: Solch eine Entwicklung ist nie fertig. Dennoch sehe ich nicht nur Schunk, sondern den deutschen Maschinenbau grundsätzlich auf einem guten Weg, diese Transformation über die gesamte Industrie abzuschließen. Da gibt es trotzdem noch eine Menge zu tun. Wenn ich sehe, was sich in China in den letzten Jahren in den Bereichen Maschinenbau, Automatisierungstechnik oder Robotik entwickelt hat – da bin ich schon beeindruckt. Dort gibt es natürlich auch einen Heimatmarkt, der ein enormer Treiber für Innovationen ist und ich glaube, wir müssen eines daraus wieder annehmen: aus der vom deutschen Maschinenbau über viele Jahre kultivierten Selbstabschottung herauskommen und wieder voneinander lernen. Vielleicht lassen sich sogar Kollaborationsmodelle unter Wettbewerbern schließen, um einen Vorteil gegenüber chinesischen Unternehmen zu erzielen.

 

Daniel Rexhausen: Mit der SCHUNK Consulting haben Sie dazu in verschiedenste StartUps investiert. Eines davon, und darüber kennen wir uns, beschäftigt sich mit dem Thema Robotik. Was ist das Neue an robodev und warum haben Sie investiert?

Michael Bartl: Die Firma robodev aus Karlsruhe hat einen Automatisierungsbaukasten entwickelt, der in Applikationen verschiedenster Art überführt werden kann und damit ein Dogma der Automatisierungsbranche abgelöst, welches seit beinahe 40 Jahren existiert und besagt: „Bei der Übersetzung meiner Automatisierungsidee brauche ich als Anwender immer Experten.“ robodev gibt Kunden und Anwendern die Möglichkeit, viele der notwendigen Schritte selbst zu tun. Das Fernziel des Unternehmens als Vorreiter der do-it-yourself-Automatisierung besteht darin, eine Plattform zu schaffen, in der die Kunden intelligente Automatisierungskomponenten zu Systemen formen können und diese dann eigenständig in ihre Produktionsstruktur eingliedern können. Das ist ein extrem innovatives Geschäftsmodell.

 

Daniel Rexhausen: Macht robodev Automation massenmarktfähig?

Michael Bartl: Ich glaube schon. Wobei wir diese Entwicklung vor allem in Bereichen sehen, die heute noch wenig bis gar nicht automatisiert sind. Der Baukasten ist nur wenig dazu geeignet Massen- und Serienproduktionen zu automatisieren, sondern gefährliche, fehleranfällige oder unergonomische Handarbeitsplätze abzulösen.

 

Daniel Rexhausen: Was treibt Sie persönlich an, immer wieder Altes zu hinterfragen und zu verbessern?

Michael Bartl: Das ist einfach mein Charakter, denke ich. Immer wieder gehen die Alarmglocken an und warnen: Jetzt lass uns darüber nachdenken wie es anders geht. Deswegen war es auch nur konsequent, dass wir uns dazu entschieden haben unser Geld sowie unsere Erfahrung zu nutzen und junge Unternehmen zu fördern. Die haben ebendiese Einstellung – den Mut neue Wege zugehen, statische Strukturen aufzubrechen, Hochtechnologie in Deutschland zu entwickeln, einen etablierten Markt zu revolutionieren. Das finden wir cool und sind dankbar, unseren Beitrag dazu leisten zu dürfen.

 

Daniel Rexhausen: Herr Bartl, ich danke Ihnen und drücke beide Daumen für die Zukunft Ihrer StartUps.

Michael Bartl: Vielen Dank.

 

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