Familienunternehmen navigieren krisenfest   

Interview mit Dr. Jens Bunte von Böllhoff 

13. November 2020


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Familienunternehmen navigieren krisenfest

Interview Dr. Jens Bunte, Böllhoff

 

Mittelständische Familienunternehmen sind Herz wie Rückgrat der deutschen Wirtschaft und regional tief verwurzelt. Es liegt in der Natur von Familienunternehmen, dass sie langfristig und nachhaltig handeln. Das macht sie innovativ und vorwärtsgerichtet. Ihr Wertekanon verpflichtet sie, als Jobmotor und stabile Arbeitgeber aufzutreten. Für ihre Mitarbeiter und die Menschen vor Ort übernehmen sie soziale und gesellschaftliche Verantwortung. Das lässt Familienunternehmen während Kriegen und in Krisen die Ruhe bewahren. Die Bielefelder Böllhoff Gruppe, Dienstleister mit eigener Entwicklung und Produktion von Verbindungs- und Montagetechnik, ist seit 1877 und in vierter Generation familiengeführt. Sie beweist, dass in Familienunternehmen Tradition und Spitzenleistung mit Verstand behandelt werden. Mitglied der Unternehmensleitung Dr. Jens Bunte verantwortet seit 2012 die Bereiche Forschung und Entwicklung sowie das internationale Patentwesen. Im Marktführer-Interview mit Daniel Rexhausen erklärt er die besondere Stärke von Familienunternehmen: Auch bei schwerer See lassen sie sich nicht vom Vorwärtskurs abbringen.

 

Daniel Rexhausen: Guten Tag Herr Bunte. Bevor wir loslegen, machen Sie uns doch bitte kurz mit der Böllhoff Gruppe bekannt. Was sind die Stärken des Traditionsunternehmens?

 

Jens Bunte: Was uns auszeichnet ist: Wir sind dann am besten, wenn ein Kunde mit einem technischen Problem zu uns kommt, welches wir lösen sollen. Im Automobil- und Flugzeugbau, der Schifffahrt, dem Schienenfahrzeugwesen und auch bei den Landmaschinen sorgen unsere Technologien und Neuentwicklungen seit rund 140 Jahren für die richtige Verbindung. Wir sind Händler, Entwickler, Dienstleister und Servicepartner von Verbindungselementen und der dazugehörigen Verarbeitungstechnik mit dem Ansatz „ 360-Grad Verbindungs- und Montagetechnik“. Wir sind in 24 Ländern weltweit mit eigenen Vertriebs- und Produktionsstätten aktiv, sowie mit 39 Standorten auf allen Kontinenten – außer Australien – präsent.

Unsere internationalen Kunden betreuen wir in enger Partnerschaft mit den Vertretungen und Händlern vor Ort, das garantiert kurze Wege, schnelle Verfügbarkeiten und regelmäßigen Kontakt. Kommen Kunden mit sehr spezifischen und ausgefallen Problemen zu uns, vertrauen wir seit drei Jahren auf den Design-Thinking-Prozess. Das ist eine kundenzentrierte Methode zur kreativen Ideenfindung und Problemlösung. Anstatt dem Kunden Löcher in den Bauch zu fragen, hören wir ihm zu, versuchen zu verstehen und das Problem aus seiner Perspektive zu betrachten. Aus dem was er braucht und aus dem was machbar ist, entwickeln wir die wirtschaftlich und technisch beste Lösung. Das sind zunächst Prototypen für Pilotanwendungen. Auf diese Weise haben wir vergleichsweise früh angefangen, nachhaltige Leichtbaulösungen für den Automobilbau zu entwickeln.

 

Daniel Rexhausen: Wie stark waren ihre Kunden von der Pandemie betroffen?

 

Jens Bunte: Die Absätze in der Autobranche sind ja bereits vor der Pandemie zurück gegangen. Wir arbeiten zu knapp zwei Dritteln für den Automobilbau, Einbrüche in dem Segment hatten wir schon im Jahr 2018 einkalkuliert. Dass es so vehement wie durch die Pandemie ausgelöst kommen würde, hat uns überrascht und uns und unsere Kunden extrem herausgefordert. Als familiengeführtes Unternehmen sind wir ganz besonders dazu aufgefordert, Krisen oder andere störende Einflüsse früh auf den Radar zu bekommen. Dieses vorausschauende Handeln hat uns schwere Zeiten überleben lassen.

 

Daniel Rexhausen: Was haben Sie unternommen, um ihr Geschäft zu stabilisieren oder vielleicht sogar auszubauen?

 

Jens Bunte: Analog zu Großkunden haben wir uns teilweise für kurzfristige Werkschließungen und Kurzarbeit entscheiden müssen. Alle krisenbedingten Maßnahmen haben wir regelmäßig mit unseren Mitarbeitern kommuniziert. Wir sind offensiv mit dem Thema Kurzarbeit umgegangen und haben alle Unternehmensangehörige mit regelmäßiger Information über unseren Inhouse Videokanal auf dem Laufenden gehalten. Familienunternehmer müssen den Menschen auch in Krisen versichern können: Wir sind ein stabiles Schiff mit guter Mannschaft. Und das haben wir durchaus geschafft. Wenn ein zweiter Lockdown der industriellen Produktion vermieden werden kann, gehen wir davon aus, dass wir in etwa einem Jahr, dem dritten Quartal 2021 voraussichtlich wieder im Normalmodus angekommen sind. Auch das gilt es zu vermitteln: Das Risiko nehmen wir ernst, aber wir dramatisieren nicht über.

 

Daniel Rexhausen: Wie haben Sie in der Krise neue Kunden gefunden?

 

Jens Bunte: Wir wachsen und schrumpfen seit jeher mit den Autobauern. Die Risiken und Chancen, die mit einer starken Konzentration auf die Branche einhergehen, kalkulieren wir ein. Nach der Wirtschaftskrise von 2009 ist bei uns der Anteil am Umsatz mit Kunden aus der Automobilbranche überproportional gewachsen. Heute kommen 65 Prozent unserer Aufträge aus dem Segment Automotive.

Corona ist der Beschleuniger für die Branchentransformation. Die Menschen fordern mehr Nachhaltigkeit und einen schnellen Wandel hin zu alternativen Mobilitätskonzepten. Leichtbau ist unsere Chance. Den Riecher haben wir schon bewiesen, als wir bei Tesla angefangen haben, mit Leichtbau-Verbindungen die Nachhaltigkeitsstrategien im Automotive unterstützen. Unsere Verbindungen sind mittlerweile in vielen Elektrofahrzeugen zahlreicher Hersteller verbaut. Wir profitieren also davon, dass wir sehr früh analysiert haben, welche Konsequenzen der Rückgang der Verbrennertechnologie nach sich ziehen wird. Wir setzen auf Voraussicht und brauchen keine radikale Strategieänderung und keine hektischen Reaktionen.

 

Daniel Rexhausen: Welche Fortschritte haben Sie in den vergangenen zwölf Monaten in Bezug auf die Digitalisierung Ihrer Neukundenkanäle gemacht?

 

Jens Bunte: Die Digitalisierung ist durch die Krise dynamischer geworden. Uns hat das weder überrascht noch überrollt, denn unsere Kundenprozesse sind durchweg gut digitalisiert. Damit haben wir schon vor zehn Jahren angefangen. Die Krise hat natürlich die Akzeptanz für digitale Verfahren auf Mitarbeiter- und Kundenebene weiter verbessert. Vorurteile sind durch die massenweise Anwendung digitaler Tools nun gänzlich verschwunden. Externes Monitoring oder die Mensch-Maschine-Kooperation werden selbstverständlich angenommen.

 

Daniel Rexhausen: Wie lautet Ihr Rat an andere Unternehmen?

 

Jens Bunte: Nehmen Sie Ihre Leute mit – handeln und kommunizieren Sie proaktiv und transparent. Die Mannschaft ist Ihr höchstes Gut. Rennen Sie auch in Krisenzeiten nicht herum wie aufgescheuchte Hühner, sondern bewahren Sie die Ruhe. Außerdem schauen Sie sich die Krisen der Vergangenheit an. Was haben Sie daraus gemacht, was daraus gelernt? Krisen verlaufen oft V-förmig: Erst geht es steil abwärts, dann so lange steil aufwärts, bis man wieder auf gleicher Höhe wie vor der Krise angekommen ist. Behalten Sie Ihre Chancen im Auge und schauen Sie nach links und rechts. Dafür ist jetzt der beste Zeitpunkt.

 

Zur Person: Dr. Jens Bunte (Jahrgang 1968) gehört der Unternehmensleitung der Böllhoff Gruppe seit 2012 an. Er ist verantwortlich für die Unternehmensbereiche Forschung und Entwicklung  und weltweites Patentwesen sowie verschiedene Business Units.

 

 

Beitragsbild Quelle: ©Böllhoff GmbH

 

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